Reality als Geschäftsmodell: Wie Iris Klein zur Marke wurde

Eigentlich muss man Iris Klein nicht kennen. Aber sie eignet sich als sehr gutes Beispiel darzustellen, worauf die Existenz von Realitystars (wobei schon die Frage, welche Realität sie widerspiegeln, berechtigt ist) eigentlich basiert: Auf einem permanenten Aufmerksamkeitslevel.

Der Fall Iris Klein – von der Mutter zum Produkt

Iris Klein ist eigentlich die Mutter eines anderen Sternchens am Realityhimmel: Daniela Katzenberger. Klein selbst betrieb eine Bar in Ludwigshafen und war da wohl eher unzufrieden. Und nachdem die Branche immer mehr „Stars“ benötigt, wird nicht nur der eigentliche „Star“, sondern irgendwann die Mutter in den Realitykosmos hineingezogen. Nachdem sie ab und an in Katzenberger´s Serienhimmel eine Nebenrolle spielte, zog sie 2010 in den Big Brother-Container ein, um ihre eigene Marke zu inszenieren. Sie flog, weil sie die Regeln verletzt hatte, aber geschadet hatte es ihr nicht. Drei Jahre später zog sie in den Dschungel – der „Königsdisziplin“ im Realityversum – und von da war sie im Himmel der Selbstvermarkter angelangt.

Nur geriet diese Maschinerie wohl etwas ins Stocken und gleichzeitig war für Klein wohl die Zeit angebrochen, selbst in die Top Liga der Sternchen aufzusteigen: Die Bekanntheit ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes Lucas Cordalis stieß ihr schon länger sauer auf. Und ob nun die Trennung von Ehemann Peter Klein dessen außerehelichen Aktivitäten geschuldet war oder der Aufmerksamkeitssuche, der Ehefrau, kann dahingestellt bleiben. Die mediale Trennung war jedoch nicht nur ein Familiendrama – sie war ein Lehrstück der modernen Selbstvermarktung. Zunächst Iris Klein, und zunehmend auch Peter Klein und Yvonne Woelke, suchten eine Verbreiterung ihrer öffentlichen Bühne mit Klicks, um einen wirtschaftlichen Wert zu generieren.

Mechanik der Aufmerksamkeit

Iris Klein dürfte den Januar 2023 bewusst gewählt haben: Ihre Familie war in einer Bubble gerade massiv präsent – ihr Schwiegersohn war im australischen Dschungel gemeinsam mit Peter Klein. Dieser konnte sich deshalb kaum gegen die Vorwürfe öffentlich zur Wehr setzen und zu einem Gespräch mit ihrem Noch-Ehemann kam es nicht. Iris Klein erreichte teilweise mehr Aufmerksamkeit als die Camper und erlangte eine sonst kaum erreichte Popularität. Schon damals kam es gar nicht darauf an, ob diese positiv oder negativ war frei nach dem Motto „bad news are good news“. Was früher für ein Dorfgespräch gerade so ausreichte, sorgt heute für hohe Einschaltquoten.

Als das Interesse abzuflachen drohte – und damit auch Iris Klein´s Quote – erhielt der Boulevard neue Nahrung: plötzlich waren Peter Klein und Yvonne Woelke schon ein ganzes Jahr zuvor auf WhatsApp in Kontakt, hatten sich also quasi in Australien verabredet. Und als auch da wieder Eppe drohte, ließ sich Iris Klein medienwirksam ins Krankenhaus fliegen, um sich sofort wieder selbst zu entlassen. Auch der Inhalt des anschließende Versöhnungsgespräches wurde publik – es wurde „laut“ und „impulsiv“. Und zwischenzeitlich hatten sich auch zwei Lager gebildet, die in den sozialen Medien, neben der Boulevardpresse der zentrale Ort des Geschehens, sich gegeneinander zu positionieren.

Peter Klein: Vom Ehemann zum Gegenspieler

Peter Klein hatte lange geschwiegen. Er war wohl selber überrollt worden von der Welle seiner Noch-Ehefrau. Aber zwischenzeitlich hatte er den Wert des öffentlichen Schauspiels für sich erkannt und seinen Beruf als Maler auf Mallorca an den Nagel gehängt. Aus der Familie war er bereits ausgestossen.

In der Boulevardpresse reagierte er auf seine Frau und in der Folge wurden alle möglichen Gerüchte über seine Beziehung zu Yvonne Woelke über die Medien verbreitet. Es reichte ein Bild auf den Social Media-Profilen und die Internetpresse bauschte die Sache auf. Die Stufe war erreicht, wo sich beide Seiten – Akteure und Medien – gegenseitig befruchteten mit einer immer sichtbareren Dramaturgie: ein Protagonist meldete sich auf Social Media´s, die Internetpresse machte eine mehr oder wenige ausgekorene Story und die Gegenseite giftete auf Social Media zurück.

Das System: Medien, Social Media & Quote

Sat.1 nutzte die öffentliche Auseinandersetzung, um auch die dahindümpelnde Quote der Promi-Version des Big Brother Houses anzukurbeln – wobei von Promi jetzt eher insofern die Rede sein kann, dass hier selbstinszenierende Personen öffentlich ihr Privatleben zu schau stellen. Offensichtlich unerwartet wurden Klein & Klein zusammengepfercht und es kam zu einer irgendwie gearteten Versöhnung. Wie häufig, lässt sich die Feindschaft von Angesicht zu Angesicht nur schwer aufrechterhalten.

Versöhnungen sind aber eher geschäftsschädigend. Neues musste her und diesmal waren eher good news good news: Sowohl Peter & Yvonne bekannten sich zu ihrer Liebe als auch Iris hatte auf dem Supermarktparkplatz eine solche neue gefunden. Um „Mr. T.“ gab es ein großes Rätselraten. Stefan Braun sah wohl die Chance, auch zum Sternchen erkoren zu werden und wurde auch rasch in Shows der Trash-TV-Welt  eingeführt. Iris Klein ging in New York über den Laufsteg und Peter Klein startete einen neuen Job als Partysänger.

Der Rosenkrieg schien auszulaufen. Aber es kam, wie es kommen musste: das wirtschaftlich Notwendige siegte über das persönlich Vernünftige. Die Trennung von „Mr. T.“ geschah öffentlich und die Angiftungen gegenseitig nahmen wieder zu. Denn nun sah auch Yvonne Woelke ihre Chance, ihre Bekanntheit zu steigern, Iris Klein suchte ihre Reichweite zu erhalten. Es kam zu einem regelrechten Zickenkrieg in Zusammenarbeit mit dem Boulevard, der kräftig anheizte und Seiten füllte. Der Höhepunkt: Ein gemeinsames Camp in Thailand, in dem Iris und Yvonne direkt aufeinandertrafen. Es flogen im wahrsten Sinne des Wortes die Gläser und die Aufmerksamkeit war gegeben.

Und als erneut die Medienwelle abzuheben drohte, trennte sich Iris Klein von ihrem neuen Freund (Name ist bei ihr austauschbar), mit dem sie gerade noch Hyla-Staubsauger beworben hatte. Und hier blieb sie im Ungefähren, denn plötzlich wollte sie solche Dinge privat regeln.

Wirtschaftliche Basis: Gagen und Werbung

Was hier in einem speziellen Universum passiert, ist ein Meisterstück der Selbstvermarktung. Produkt und Marketing fallen zusammen in der Person des Sternchen. Für die Medien sind sie Füller von Seiten und Talkshows, die mit der Vielfalt von Medien ein unerlässliches Reservoir an Nachschub benötigen.

Das Geschäftsmodell beruht auf zwei Säulen:

  • Showgagen: Sowohl durch die Teilnahme an eher peinlichen Dauerbeobachtungen als auch die rundherum aufgebotenen Formate, die diese Shows diskutieren.
  • Affiliate Links: Als Influencer bewerben sie alle möglichen Produkte und sorgen für einen Geldfluss.

Das Problem: in beiden Fällen muss das Profil eine mediale Mindestpräsenz erreichen, um relevant für Werbepartner zu bleiben. Selbst bei vielen Followern, Iris Klein hat rund eine halbe Million, ist nicht garantiert, dass die Postings auch ausgespielt werden. Kommt nichts Neues, was Zuschauer anzieht, sinkt auch der Wert des eigenen Profils und damit die Einahmen.

Zukunft: Wird die Marke Klein überleben?

Iris Klein hat das Spiel erkannt, um eine der Stars in der Bubble zu werden. Sie schob regelmäßig neue Geschichten nach und es darf bezweifelt werden, ob alle Kommentare wirklich echt sind. Denn hier zeigt sich eine weitere Krux: es gehen vorallem die Posts viral, die kontroverse Diskussionen haben. Jedes Posting im Ehedrama sorgt also dafür, dass der Wert nach oben geht und dass Profil und damit auch die Werbepostings weiter ausgespielt werden.

Die nun erfolgte (scheinbare) Trennung von Iris Klein und Stefan Braun konnte deshalb nur als Angriff auf die alten Kontrahenten Klein & Woelke erfolgen. Die Reichweite und damit auch der Wert der Werbebotschaften sank bereits bedrohlich. Und die Andeutung von Iris Klein lässt vermuten, dass hier ein neuer Rosenkrieg beabsichtigt ist, um genau diese Reichweite wieder auf ein wirtschaftlich sinnvolles Maß zu erhöhen.

Bleibt uns Iris Klein also erhalten? Auch die immer wieder aufflammende Beschallung kommt zwischenzeitlich zu einem Ende. Die Trennungsgerüchte haben bereits nicht mehr die Aufmerksamkeit erreicht für frühere Eskalationen. Zwar gab es eine Reaktion von Peter Klein & Yvonne Woelke. Aber auch sie blieben unter einer Aufmerksamkeitsschwelle. Wie bei jedem Produkt hat auch ein Realitystar seine Halbwertzeit, die nicht unbegrenzt hinausgeschoben werden kann.

Hinweis: Wir empfehlen nicht so zu arbeiten. Seriösität ist ein Mehr und nachhaltiger. Auch wenn sich Seriösität jeden Tag neu erkämpft werden muss.